Von LogistikHero auf Montag, 08. Juli 2024
Kategorie: Branche

Innovation in der Lagerlogistik

Die Ansprüche an das Lager werden höher und deshalb arbeiten Hüzüme Erkaptan, Stefanie Seidler und Martin Oreskovic unermüdlich an kreativen Lösungen, um die Effizienz im Lager zu steigern und CO2-Emissionen zu senken.

Text: Redaktion Fahrplan

Stefanie Seidler

KNAPP AG

Ich kann mich noch gut an das erste Mal erinnern, als ich mit den Begriffen Intralogistikund automatisierte Lagerlösungen in Berührung gekommen bin. Vertreter der Montanuniversität Leoben hielten an meiner Schule einen Vortrag über das Angebot der Hochschule und sie sprachen auch von der Studienrichtung Industrielogistik als diese Begriffe fielen. Für mich war dieses Feld die perfekte Kombination aus Betriebswirtschaft und Technik in einer zukunftsweisenden Branche. Gleichzeitig haben mich die internationalen Berufsmöglichkeiten in der Intralogistik sehr gereizt. Deswegen habe ich mich schlussendlich für dieses Studium entschieden. Und ich habe es nicht bereut. Im Gegenteil, ich liebe dieses Feld und meinen Job.

KUNDEN BETREUEN

Ich arbeite als technische Projektleiterin im Bereich Software Engineering bei KNAPP in Leoben und betreue Kunden, aktuell ein Unternehmen aus Australien. Meine Tage beginnen deshalb meistens mit Onlineterminen. Danach finden meist viele interne Besprechungen statt, zum Beispiel mit unseren Software-Architekten, -Entwicklern oder -Testern, wenn sie Fragen zu den umzusetzenden Software-Prozessen haben. Manchmal will sich auch unser Inbetriebnahmeleiter über den weiteren Verlauf des Projekts erkundigen. In der restlichen Projektarbeitszeit geht es in der Regel um das Spezifizieren weiterer Prozesse und das Finden von Optimierungspotenzialen für das Lager unseres Kunden.

PROZESSE OPTIMIEREN

Zusätzlich zur Projektarbeit bin ich gemeinsam mit einem Kollegen für die Gestaltung und Optimierung der Prozesse in unserer Abteilung zuständig. Und glauben Sie mir, es ist notwendig, sich Gedanken über Optimierungspotenziale zu machen.

Aktuell herrscht in allen Bereichen der Wirtschaft – und damit auch in der Logistik – ein großer Arbeitskräftemangel. Besonders in Berufen, die körperlich und/oder psychisch belastend sind. Dabei geht es zum Beispiel um monotone Tätigkeiten, Schichtdienste oder Arbeitsplätze in Kühl- oder Tiefkühlbereichen. Hier kann die Automatisierung sowohl die Arbeitgeber bei der Suche nach qualifizierten Arbeitskräften entlasten als auch attraktivere Arbeitsplätze in der Intralogistik schaffen, beispielsweise in der Steuerung, Überwachung und Wartung. Mit dem technologischen Fortschritt wird die Automatisierung auch in Zukunft eine große Rolle spielen und das Wachstum beziehungsweise den Erfolg vieler Unternehmen überhaupt erst ermöglichen. Gleichzeitig werden immer intelligentere und vorausschauende Softwarelösungen dabei helfen, die Ressourcen des Unternehmens bestmöglich zu nutzen. Ein kleines Beispiel: In einem vernetzten Lagersystem kann die aktuelle Verkehrslage das Timing der An- und Auslieferungsprozesse im Lager wesentlich beeinflussen.

KARRIERE MIT KICK

Persönlich glaube ich, dass genau aus dem Grund eine Ausbildung in diesem Bereich für junge Menschen sehr spannend ist. Sie können sich gestalterisch einbringen. Und die Branche sucht Menschen in allen Ausbildungsstufen.

Ich kann jedem, der sich für die Intralogistik interessiert, drei Dinge raten. Erstens sollte man immer für Neues offen sein. In meinem Job ist breitgefächertes Wissen essenziell und nur mit großem Interesse an den Dingen, die unsere Kunden beschäftigen, kann ich gute Prozesse für ihre Lager gestalten.

Zweitens: Fremdsprachenkenntnisse sind immens wichtig, denn kommunikative Fähigkeiten und Empathie sind unerlässliche Erfolgsfaktoren in unserem technischen Arbeitsumfeld. Auch in der Automatisierung arbeiten wir vorrangig mit Menschen.

Und drittens rate ich anderen immer, sich bestmöglich zu informieren und dann einfach einzusteigen – die Branche bietet nämlich sehr vielfältige Berufsbilder und Karrierewege.

Martin Oreskovic
Dematic

Wenn man das nächste Mal etwa ein Paar Sportschuhe online kauft und auf „Bestellen" klickt, könnte man darüber nachdenken, was ab dieser Sekunde alles mit dem Produkt geschieht, bis es schlussendlich vor der eigenen Haustür landet. Zum Zeitpunkt der Bestellung liegen die Schuhe in einem Regal in einem Lagerhaus. Beim Bestellvorgang werden dann mehrere Softwaresysteme passiert, die dafür sorgen, dass das Paar Schuhe einen Lagerprozess mit hohem Automatisierungsgrad durchläuft, um in einem größeren Karton mit Versandadresse aus dem Regal an den Warenausgang zu gelangen. Dort wird das Paket an den Versanddienstleister übergeben und danach in mindestens ein Verteilzentrum gebracht, ehe es vom Postboten an den Endkunden geliefert wird. Das ist natürlich nur die Kurzversion, wir haben hier nicht den nötigen Raum, um jeden einzelnen Schritt und jede digitale Lösung aufzuzählen, aber das Beispiel soll vermitteln, wie komplex der Onlinehandel im Hintergrund ist – und wie sehr seine Effizienz von guten Automatisierungslösungen abhängt.

ALLER ANFANG IST SCHWER

Das ist auch etwas, das mich am Beginn meiner Karriere angesprochen hat. Die vielfältigen Möglichkeiten und das internationale Umfeld in dieser Branche haben mich zusätzlich motiviert, den Weg in die Intralogistik einzuschlagen. Aber irgendwo war es vielleicht auch nur konsequent, denn ich komme aus Graz und die Dichte an Unternehmen, die sich mit automatisierten Lösungen für die Intralogistik beschäftigen, ist hier sehr hoch. Man könnte sogar von einem Hotspot der europäischen Branche sprechen. Insofern ist das Thema in den technischen Ausbildungseinrichtungen omnipräsent. Die einschlägigen Firmen sind stets auf der Suche nach Mitarbeitenden, auch als Berufseinsteiger ist man willkommen. Anfangs habe ich auch nicht viel gewusst und heute arbeite ich als Sales Manager bei Dematic. Meine Aufgabe ist es, stets in engem Austausch mit den Kunden zu sein, denn ich bin ihr Ansprechpartner für die gesamte Angebots- und Vergabephase. Das führt dazu, dass ich intern mit Kolleginnen und Kollegen aus allen Bereichen des Unternehmens zusammenarbeite: Engineering, Software, Fertigung, Finance, Legal, Projektmanagement, um nur einige zu nennen. Das macht diesen Job auch so spannend und abwechslungsreich für mich.

DIE ZUKUNFT GEHÖRT DEN JUNGEN

Automatisierte Logistiklösungen sind wesentlich daran beteiligt, ein positives Kundenerlebnis zu schaffen, indem das richtige Produkt zur richtigen Zeit in der richtigen Menge am richtigen Ort ist. In Zukunft wird ein noch breiteres Portfolio von Lösungen möglich sein, um sowohl KMU als auch Großkonzernen die richtigen Systeme in der passenden Skalierung anbieten zu können. Fest steht, dass sich die Logistik weiterhin rasant entwickeln wird und somit auch die Spezialisierung der Lösungsanbieter weiter voranschreitet. Das zeigt schließlich auch, dass die Logistik am Puls der Zeit ist und die modernsten Technologien verwendet. Die Branche lebt von innovativen Menschen die outside the box denken und handeln können. Entlang der gesamten Lieferkette bieten sich unendlich viele Möglichkeiten und Potenziale, um die eigenen Fähigkeiten und Interessen einzubringen. Egal ob ein Unternehmen Schokolade, Unterwäsche oder Smartphones verkauft: Es wird sich früher oder später mit der Logistik beschäftigen müssen und das wird sich auch in den nächsten 50 Jahren nicht ändern. Daher kann ich einen Job beziehungsweise eine Ausbildung in der Logistik eindeutig empfehlen.

Hüzüme Erkaptan
Toyota Material Handling Austria

Technik hat mich immer schon interessiert. Ich habe in der HTL (TGM in Wien) Wirtschaftsingenieurwesen mit dem Schwerpunkt Logistik gelernt und mich danach für das Studium Internationales Wirtschaftsingenieurwesen an der FH Technikum Wien entschieden. Es war für mich irgendwie naheliegend, eine Karriere in der Logistik einzuschlagen, denn sie ist sehr präsent in meiner Großfamilie. Viele Verwandte sind entweder Lkw-Fahrer, besitzen eine Transportfirma, sind Lagerleiter oder arbeiten in anderen Bereichen der Branche. Die Logistik war also immer ein Thema. Hin und wieder lachen wir in der Familie darüber, dass der ehemalige Lkw meines Onkels in mehr Fotos in unserem Familienalbum auftaucht als manche Familienmitglieder.

Dass ich in der automatisierten Lagerlogistik bei Toyota Material Handling landen würde, hat dann aber sogar mich überrascht. Ein Freund hat mir von dem Unternehmen erzählt und ich fand das Tätigkeitsfeld so spannend, dass ich gleich angerufen und mich beworben habe. Sie hatten zu dem Zeitpunkt keine offenen Stellen, boten mir aber ein Praktikum an. Seit März 2022 bin ich nun Teil der Toyota-Familie, seit Juni 2023 bin ich als Project Engineer Logistics Solutions in „meinem" Team tätig.

HERAUSFORDERUNGEN UND LÖSUNGEN

Zu meinen Aufgaben gehört es, meine Kolleginnen und Kollegen zum Beispiel bei Regallösungsprojekten zu unterstützen. Ich zeichne dann Layouts, konstruiere Modelle, erstelle und kalkuliere Angebote für Kunden aus unterschiedlichen Branchen. Aktuell bereite ich eine Präsentation über die Herausforderungen in der Intralogistik für eine große Veranstaltung vor. Ich bin oft unterwegs und besuche Kunden, um mich mit ihren Problemen vertraut zu machen, damit ich dann entsprechend bessere Lösungen anbieten kann. Diese Insights fließen in meine Präsentation ein.

PROZESSE OPTIMIEREN

Neue Technologien machen es möglich, monotone Tätigkeiten zu automatisieren, was sich auf die Arbeitsqualität, aber auch auf die Sicherheit positiv auswirkt. Zudem sind Automatisierungslösungen zuverlässig und ermöglichen es, Ressourcen genau zu kalkulieren und Verschwendung zu vermeiden. Für komplexere Aufgaben wird es aber immer ein Zusammenspiel zwischen Technologie und Mensch brauchen.

Ich gehe davon aus, dass die Logistik und der E-Commerce in Zukunft sehr stark von Automatisierungslösungen geprägt sein werden. Kunden fordern viel kürzere Lieferzeiten und gleichzeitig mehr Nachhaltigkeit. Ich würde mir wünschen, dass jedem bewusst wird, welche Prozesse hinter jeder einzelnen Bestellung stecken. Von der Kommissionierung einzelner Produkte bis hin zur Verpackung und Zustellung. Jeder Schritt erfordert sehr hohe Genauigkeit und Fachkenntnis. Ich bin richtig stolz darauf, dass wir bei Toyota Material Handling Austria automatisierte Lösungen anbieten, die diese wichtigen Logistikabläufe einfacher, schneller und effizienter machen.

NEUE IDEEN WERDEN GESUCHT

Aber es wird sicherlich zu Veränderungen in der Branche kommen. Große Lagerzentren werden bald nicht mehr rentabel sein, weshalb es künftig kompakte und innovative Lösungen brauchen wird. Deshalb werden kreative Menschen benötigt, die über den Tellerrand blicken und maßgeschneiderte Lösungen liefern.

Das ist auch die große Chance für junge Menschen, die sich für Technik und eine Karriere mit einer langfristigen Perspektive interessieren. Um erste Einblicke zu gewinnen, kann ich jedem eine technische Ausbildung empfehlen. Mein Studium des Wirtschaftsingenieurwesens hat mir zum Beispiel alles beigebracht, was ich wissen muss, und es mir möglich gemacht, jede Aufgabe zu meistern. Ich kann auch dank der breitgefächerten Ausbildung in verschiedenen Bereichen tätig sein. Und das ist gut so, denn die Branche erfordert Flexibilität. Jeder Tag bringt neue Herausforderungen mit sich – das macht den Job auch so bereichernd. Lösungskompetenz und Kreativität sind gefragt. Und Fleiß. Aber all das lohnt sich, weil es einfach ein unglaubliches Gefühl ist, wenn man das Endprodukt – zum Beispiel ein großes automatisiertes Lager – zu sehen bekommt.

Daher mein Rat an alle jungen Menschen: Flexibel bleiben und offen sein für Neues. Chancen ergreifen, die sich einem bieten, um Erfahrungen in verschiedenen Bereichen sammeln.